DIE DREIGROSCHENOPER 

-von bertholt brecht und kurt weil

 

theater lübeck

premiere am 9. februar 2019

 

regie: malte c. lachmann

bühne: ramona rauchbach

kostüme: tanja liebermann

In Lübeck zeigt nun […] Regisseur Malte C. Lachmann mit einem draufgängerischen Ensemble, wie das überzeitlich gültige Stück Spaß und Eindruck zugleich machen kann […]. Lachmann […] spielt auf das eine oder andere lediglich an, das erhöht den Genuss. […] Der geradezu umwerfende Andreas Hutzel (Moritatensänger/Polizeichef Brown) singt in Lübeck zum Auftakt die ›Moritat von Mackie Messer‹ und lässt dabei per Handbewegung vor dem Vorhang schon mal das Orchester, dessen Musiker wie Zirkusclowns geschminkt sind, aus dem Graben auf der Hebebühne nach oben fahren. Diese neue Art Zirkuskapelle rahmt mit ihrem Weill-Sound die ›Dreigroschenoper‹-Show, die hier abgezogen wird. […] Andeutungen finden sich auch in den rundum gelungenen Kostümen von Tanja Liebermann. Der Macheath (Michael Fuchs, neben Hutzel das zweite Pfund dieser Inszenierung) in schäbiger Lederjacke und mit einer Art Jogginghose ist ein recht schmieriger Womanizer aus der Unterschicht. […] Vorhang auf für eine Rollcontainerwand mit mehreren Etagen. Hauptquartier Bettlerkönig Peachum. […] Hier herrscht Peachum gemeinsam mit Gattin Celia (schön bodenständig geschmacklos: Astrid Färber) […]. Im bewährten Lübecker Ensemble macht Rachel Behringer ihre Sache als Lucy ausgezeichnet, und Susanne Höhne ist eine ganz wunderbar schlagkräftige Spelunken-Jenny. Lachmann aber zieht die Show sowohl ab als auch durch. Zunächst glitzern nur einige Elemente […]. Zum Schluss […] wallte in güldener Lametta-Vorhang über den Containern, davor fällt Glitzerkonfetti-Regen. Damit steigert Lachmann den V-Effekt, die kritische Reflexion wirkt durch den krassen Wechsel von Elend zu Luxus, durch vorgaukeln im Spiel, durch Inszenierungsinszenierung lebendig und zeitgemäß.«

(Die Welt)

 

»jetzt wird ihre ›Dreigroschenoper‹ am Theater Lübeck in die heutige Zeit geholt - und das ist so überzeugend, dass ich noch Tage nach der Premiere [...] überall die Elendsgestalten aus dieser Inszenierung sehe: [...] es ist, als hätte Tanja Liebermann (Kostüme) tagelang unter den Armen gelebt. [...] Szenenfolge und Musik des Brecht-Teams werden eins zu eins übernommen, doch der Gesang ist heutiger, leidenschaftlicher bei den Frauen, kein Gedanke mehr an Oper, eher an Punk, oft wie im Streit, und die karikierenden Stellen [...] werden wunderbar selbstironisch überbetont. Das Stück lohnt die Fahrt nach Lübeck, von Lachmanns Aufführung wird man noch hören. [...] In der Hansestadt ist [...] eine [Inszenierung] zu erleben, die ernst nimmt, was Brecht, Hauptmann und Weill wollten: ihre Zeitgenossen erreichen.«

(junge Welt) 

 

»91 Jahre ist das her und sein Stück [...] wurde ein Klassiker. Dass den die Zeit nicht weichgespült hat, zeigt jetzt Malte C. Lachmann mit seiner Lübecker Inszenierung, und auch er hat mit Willy Daum als musikalischem Leiter einen Mann zur Seite, der der Gauner-Revue die entscheidende Würze verleiht. [...] Man ist in der Halb- und Unterwelt, die Bühne wird im Laufe des Abends herauf- und herunterfahren [...]. Eigentlich müsste die Geschichte [...] verbrannt sein, oder zumindest verstaubt [...], wenn es nicht Weills provokante Verstärkung per Musik gäbe. Die wirkt rau und ungehobelt, die Stimmen, insbesondere von Sybille Lambrich (Polly) und Susanne Höhne (Jenny) karikieren schönen Gesang. Im Orchestergraben stellt Willy Daum die akustischen Brüche wieder her, die der Lauf der Zeit zugeschüttet hat. Das Premierenpublikum ist begeistert, spendet Szenenapplaus und am Ende lang anhaltenden Beifall. Zur Belohnung gibt es noch einmal die ›Moritat von Mackie Messer‹, diesmal gesungen von allen. Ein Genuss. Eine von [...] Brecht verteufelte ›kulinarische‹ Haltung des Betrachters ist leider nicht zu vermeiden.«

(shz)

 

»Da ist zunächst die Musik, sind rund 20 Songs. Vom Vorspiel an behielt die Musik unter Leitung von Willy Daum ihren Biss. [...] In der neuen Einstudierung, bei Henning Sembritzki, ist der Bettlerkönig noch gut beieinander, zielstrebig, durchsetzungsfähig. [...] Mackie Messer [...] spielt Michael Fuchs als Kraftprotz, der die Muskeln spielen lässt, mit einem Schuss Unverfrorenheit dazu. [...] Nach der Pause gab es Szenen, die sehr dicht wurden und berührten, etwa wenn das gesamte Ensemble als Chor auftritt. So wurde denn die noch immer gültige ›Moral von der Geschicht‹ wirksam vorgetragen [...]. Es geht jedenfalls flott und munter zu. Zum Schluss Riesenbeifall, und natürlich die Wiederholung eines Songs als Zugabe.«

(HL-live)

 

»Malte C. Lachmann hat die Huren, Bettler und Ganoven schnörkellos, ohne einen Funken Räuberromantik auf die Lübecker Bühne gebracht. Sein Konzept geht auf: Er zeigt die Gnadenlosigkeit des Milieus, bricht die Härte aber immer wieder durch Humor und mit Hilfe der unverwechselbaren Musik Kurt Weills auf. [...] Andreas Hutzel brillierte als Moritatensänger und in einer weiteren Rolle als Polizeichef Brown. Beeindruckend war sein intensiver, fast schon irrer Ausdruck, sein Hineinkriechen in die Rolle eines Mannes, der sich als Abschaum fühlt und das Elend seiner Zeitgenossen kommentiert. Ebenso überzeugend war das Lübecker Debüt von Michael Fuchs in der Rolle des Macheath. Die Vielschichtigkeit der Figur, die so gar nichts Heldenhaftes besitzt [...], konnte er überzeugend transportieren. Noch etwas machte diese Inszenierung besonders: Die Figuren wurden nie der Lächerlichkeit preisgegeben, sie waren anrührend, beängstigend oder hilflos. Sie waren prollig und gänzlich ohne Stilgefühl. Aber man zollte ihnen Respekt. Schrill war das Eifersuchtsduett zwischen den jungen Frauen Polly (Sybille Lambrich) und Lucy (Rachel Behringer), die [...] um Macheaths Liebe buhlten - ein musikalisches Gekeife auf allerhöchstem Niveau, das hinreißend umgesetzt wurde. [...] Eine ungewöhnliche Intensität strahlten auch die übrigen Schauspieler aus [...]. Das achtköpfige Miniatur-Orchester unter der Leitung von Willy Daum musizierte hervorragend. Die Musiker saßen im Orchestergraben, der aber zeitweise hochgefahren wurde. Dadurch erhielten die Musiker eine größere Präsenz. [...] Bemerkenswert war, wie gut die Schauspieler die Gesangsnummern beherrschten. [...] Die große Kunst bestand darin, trotz bester Technik nicht ins Opernhafte zu rutschen, sondern im Schauspiel zu bleiben. Ein sehenswertes Stück, das auf allen Ebenen gelungen ist.«

(Lübecker Nachrichten)

 

»Die ganz große Show soll hier abgehen, das möchte uns der großartige Andreas Hutzel in seiner expressionistisch überkandidelten Kinski-Performance weismachen [...]. Aber dann sieht man im Hintergrund nicht etwa den coolen Glam-Gangster über die Bühne tappen, sondern einen, der eher nach Schlawiner aussieht [...]. Und voilà, schon ist die Dreigroschenoper vom kuschelig verschmuddelten Soho direkt in den Prekariatszonen des 21. Jahrhunderts angekommen. [...] Klar, Show wird hier auch gemacht [...]. Und den V-Effekt schraubt der Regisseur so lange weiter in die ausgestellte Übertreibung, bis auch der letzte Realismus-Verdacht ausgeräumt ist. Überraschend, wie gerade daraus auch wieder Momente unverhoffter Wahrhaftigkeit entstehen und sich etwa die junge Liebe von Polly und Mackie kurz mal vom Abziehbild löst. Dazu lassen die Musiker um Willy Daum den Soundtrack von Kurt Weill schräger als in jedem Jahrmarktsrhythmus scheppern, klingt alles und vor allem Hutzels Bandoneon so herrlich schief wie die Gefühle falsch sind [...]. Sybille Lambrichs Polly als grelles Riot Girlie in Skinny Jeans (Kostüme: Tanja Liebermann), die den Song von der Seeräuber-Jenny erst richtig schwarz malt. Und mit der kaum minder gewitzten Lucy, die Rachel Behringer als hübsche Höhere-Töchter-Parodie vorführt, liefert sie sich ein komisches Scharmützel. [...] Das hat zynischen Witz und eine Nachdenklichkeit, die Brechts Kapitalismuskritik unüberhörbar Tribut zollt.«

(Kieler Nachrichten)

 

»Folgerichtig stellte Malte C. Lachmann, Regisseur dieser Bühnenversion, ganz auf die geniale Musik ab, bat den Zuschauer in ein Varieté, weil Weill dem Stück das gab, was es so ungemein genießbar macht: eine Musik, der man sich hingeben kann [...]. Auf sein Zeichen beginnt Willy Daum die „Ouvertüre" mit dem Biss und der Härte, die Weills kunstvolle Persiflage einer barocken Opernouvertüre benötigt. Das ließ Großes erwarten, - und enttäuschte den ganzen Abend nicht. Und dann kam das, was nicht immer gelingt, [...] die „Moritat vom Mackie Messer", die dennoch das wohl bekannteste Stück geworden ist. [...] Aber wie Andreas Hutzel daraus ein faszinierendes Kabinettstück gestaltete und dabei [...] Mackies Existenz heraufbeschwor, war umwerfend. [...] Stark war dabei Susanne Höhne als berührende Jenny, eine Halbweltlady mit großen Gefühlen [...]. Grandios und drastisch aber wurde die Gefängnisepisode mit dem „Eifersuchtsduett" seiner beiden Frauen, bei dem sie ihn bis zum Schwindel in seiner Zelle herumwirbelten. Eine große Szene war das, an der Sybille Lambrich als Polly und Rachel Behringer als Lucy sichtbar Vergnügen hatten. Beide [...] nuancierten trefflich, Lucy keifiger und etwas vom Leben mitgenommener, Polly schriller. Sie hatte dafür ein Organ, dessen Phonstärke reziprok zu Alter und schmächtiger Figur stand, eine Kindfrau von spielerischer Urgewalt. Eine weitere Szene bleibt im Gedächtnis, es ist das Terzett von Familie Peachum, von Jonathan Jeremiah, dem Bettler-Chef, zusammen mit seiner schrillen Frau Celia gegen Polly [...]. Astrid Färber gab der besorgten Mama wunderbar schräge Farben. [...] Gesungen wurde prächtig, im Ensemble wie im Solo, bei Einzelnen der Oper sehr nah und mit prallen, gut inszenierten Tableaus. Das und das vehemente Spiel machte großes Vergnügen [...].«

(unser-luebeck) 

 

»Das ideenreiche Bühnenbild - gestaltet von Ramona Rauchbach - [...] symbolisiert eine Gegend umgeben von tristen Wohnblocks: kalt, karg, ärmlich und irgendwie brutal. [...] Dazu abgestimmt die Kostüme. Ghetto-Wear bestehend aus zerbeulten Jogginghosen, Bomberjacken und die Damen tragen vorzugsweise Leopardenmuster oder verwaschene Jeans und Strähnchen im Haar. In dieser unterhaltsamen Inszenierung wurde der Gedanke des epischen Theaters mit aufgenommen. [...] Das Highlight der Inszenierung sind eindeutig die Musikstücke, die an Blues, Jazz und sogar Tango erinnern. Die Dreigroschenoper ist eine bitterböse und zeitlose Satire über die großen und kleinen kriminellen Haie. Ein Stück Kapitalismuskritik mit fabelhafter musikalischer Untermalung mit großartigen Darstellerinnen und Darstellern. Eine gelungene fast dreistündige Aufführung, die nicht nur am Schluss begeisterten Applaus bekam, sondern auch viel verdienten Zwischenapplaus.«

(Offener Kanal Lübeck) 

 

»Dass weder sie [›Die Moritat von Mackie Messer‹] noch das Stück von [...] Brecht sich zu Kulturasche verfeuern ließ, [...] ist jetzt im Großen Haus an der Beckergrube zu sehen. Ein fettes Stück Theater [...]. Lachmann, der hier schon ›Monty Python's Spamalot‹ inszenierte, schlägt auch mit dem Brecht-Stück wunderbar anarchisch über die Stränge. [...] Michael Fuchs, ein Neuer im Ensemble, führt sich in seine Rolle als Ganovenkönig wunderbar ein in das hochmusikalische Ensemble. ›Die Moritat von Mackie Messer‹, ›Die Seeräuber-Jenny‹, ›Der Kanonensong‹, es geht Schlag auf Schlag und die Bühnentruppe gibt ordentlich Gas bei ihrem Treiben im Milieu. [...] Was darf man der Geschichte um Fressen und Moral nach 91 Jahren noch zutrauen? [...] Sie kommt rau und unverschämt daher mit überdrehten Stimmen - insbesondere gelingt dies Polly und Jenny - und dreht der von Brecht gescholtenen Oper eine Nase. [...] Das Premierenpublikum applaudiert begeistert und bekommt zur Belohnung noch einmal die ›Moritat von Mackie Messer‹, diesmal gesungen von allen.«

(Lübeckische Blätter) 

 

»Wer kennt sie nicht, die Klassiker ›Die Moritat von Mackie Messer‹, ›Seeräuber-Jenny‹ und ›Kanonen-Song‹? Insbesondere diese drei Lieder waren die gesanglichen Highlights bei der Premiere der ›Dreigroschenoper‹ am Theater Lübeck. Auch der gemeinsame Gesang des mit Überzeugung spielenden Ensembles gefiel. [...] Malte C. Lachmann inszenierte ›Die Dreigroschenoper‹ ironisch, augenzwinkernd [...]. Eine sehr amüsante Idee: Andreas Hutzel als reitenden Boten, der sein ›Reittraining‹ in der [...] ›Spamalot‹ Inszenierung erhalten hatte. Eine unterhaltsame Vorstellung [...]. Das Publikum zeigte sich begeistert [...].«