WILLY BRANDT- die ersten 100 jahre

-schauspiel-uraufführung von michael wallner 

theater lübeck

premiere am 6. september 2013


regie:                   michael wallner

bühne:                 heinz hauser

kostüme:            tanja liebermann

musik:                 willy daum

dramaturgie:       tobias schuster

...unter die 10 besten theateraufführungen des jahres 2013 gewählt..von der zeitung DIE WELT

mit:

andreas hutzel, peter grünig, timo tank, sven simon, robert brandt, julius robin weigel, susanne höhne, sara wortmann, ingrid noemi stein

sowie einer liveband und dem opernchor des theater lübeck

 

pressestimmen:

»Mit dem Kanzlerdrama ›Willy Brandt - Die ersten 100 Jahre‹ startet das Theater Lübeck in die Saison, treibt das Ensemble in ungeahnte darstellerische und sangliche Spitzenleistungen. [...] Dazwischen reißt uns sein virtuoser Genremix zwischen Schauspiel und Oper, zwischen Politrevue und Historiendrama knappe drei Stunden lang mit. [...] Andreas Hutzel verkörpert Brandt in einer bis in die imitierte Sprechweise umwerfenden Performance als zerrissene, privat wie politisch problembelastete, charismatische Persönlichkeit. [...] Wallner gelingt es, in kurzen, anekdotischen Spielszenen historische wie private Schreckens-, Kampf-, Verlust- und Siegesmomente in einen berührenden unterhaltsamen Reigen zu stellen, der ein intersubjektiv nachvollziehbares Bild einer Person zeichnet, die letztlich nicht zu fassen ist. [...] Julius Robin Weigel glänzt als Adolf Hitler, spielt ihn als Marionette, die als Opfer ihrer eigenen Vernichtungsideologie immer wieder zusammenklappt, bis sie historisch überwunden wird. [...] So entzückend nah wie Hutzel Brandt kommt Schauspieler Peter Grünig dem FDP-Politiker Hans-Dietrich Genscher, liefert dazu ebenso akkurat Horst Ehmke und Walter Ulbricht ab. Timo Tank überzeugt als doppelter Günter: Guillaume und Grass. [...] Ganz groß ist Herbert Wehner, gespielt von Robert Brandt, der sich auf diese eine Figur konzentrieren darf. Dieses Prinzip gilt auch für Susanne Höhne, die als Rut Brandt eine verletzliche, enorm starke Figur macht. Schauspielerin Sara Wortmann löst die heikle Aufgabe sehr gut, die allegorische Figur ›Die Dunkelheit‹ zu spielen, die den inneren Dialog mit Willy Brandt in einen äußeren verwandelt. [...] Die stärkste Phase des Stückes zeigt nach der Pause die Politopernbühne Berlin. Hier entfaltet sich das dreistündige Kanzlerdrama am stärksten, der Chor übernimmt mal als Ost-, mal als Westvolk tragende Rollen und in dankbaren Kurzauftritten kommen John F. Kennedy und Leonid Breschnew zu Besuch. Berühmte Zitate durchziehen das Stück. Auch schön sind die Witze, die Willy Brandt so furchtbar gern erzählte.«

(Hamburger Abendblatt)

 

 

 

»Dieser kehlig-heisere Ton, den die Menschen an Brandt liebten, obwohl er selbst immer glaubte, das sei der Klang von Kehlkopfkrebs, kommt fast perfekt auch aus dem Hals von Andreas Hutzel. Der Lübecker Hauptschauspieler, der zuletzt Rio Reiser und Udo Lindenberg kopierte, hat sein Method Acting so ernst genommen, dass man ihn in jedem Zwielicht für das Original halten würde. Und Illusionstheater beschäftigte auch die Gewerke des Lübecker Theaters, dass es eine Freude ist. Erst ganz vorne an der Rampe lässt sich mit Sicherheit sagen, dass ›Genschmann‹ nicht er selbst, Herbert Wehner nicht von den Toten auferstanden und Rut Brandts Fönwelle eine Perücke ist. [...] Und musikalisch wird diese Revue von ›Willy Daum & die Lobbyisten‹ als Musikcrossover behandelt, der von Kurt Weill-Sounds zu Barock-Versatz reicht, vom Schlager zum Jazz von der Arie bis zum Chor der Claqueure.«

(Süddeutsche Zeitung)

 

 

 

»›Willy Brandt - Die ersten 100 Jahre‹, eine Art Revue mit Musik, mal ernsthaft und mal komisch. [...] Nach der Uraufführung am Freitag in Brandts Geburtsstadt gab es langanhaltenden Applaus für das Stück und die Akteure. Das Publikum erlebte einen kurzweiligen Theaterabend, der neben Unterhaltung auch nachdenkliche Momente bot [...].Das Publikum erlebt einen über weite Strecken müden, ausgelaugten, von Selbstzweifeln geplagten Brandt, großartig gespielt von Andreas Hutzel. [Andreas Hutzel] beherrscht [...] seine charakteristische Sprechweise und Gestik perfekt. Für die dunkle Seite Brandts steht die ›Dunkelheit‹, die ihn als innere Stimme durchs Leben begleitet. Sara Wortmann spielt diese allegorische Figur ganz in Schwarz gekleidet (Kostüme: Tanja Liebermann) sehr eindringlich und mit vollem Körpereinsatz. [...] Eine Spezialität von Schauspielinszenierungen am Lübecker Theater ist die Musik. Für ›Willy Brandt - Die ersten 100 Jahre‹ hat Willy Daum eine Bühnenmusik geschrieben. Aus der Kanzlerschaft Brandts macht er eine Minioper mit Rezitativen und Arien.«

(dpa)

 

 

 

»Seine Rolle gefunden hat von der ersten Szene an Brandt-Darsteller Andreas Hutzel. Einmal mehr ist der Schauspieler das Zentrum einer großen Inszenierung am Theater Lübeck. Hutzel hält den Brandt-Sound, dieses etwas heißere und auch schwerfällige Ringen um Worte, über den ganzen Abend durch. Frisur und Stimme sitzen, und er macht seine Figur auch in Körpersprache und Mimik kenntlich. [...] Dass Komponist Willy Daum zu jeder Station den passenden Ton findet und dass Schauspieler und Opernchor sich auch singend in die Handlung einfügen, ohne dass es befremdlich wirkt, das macht das schwere Material leicht. [...] Wallner hat noch einen weiteren Kunstgriff parat: Seinen oft labilen, melancholischen Brandt stellt er die personifizierte Verführung zur Seite: ›Die Dunkelheit‹, zugleich Eros der Macht, der den Politiker beflügelt, und Zweifel und Depression, die ihn hemmen. Sara Wortmann spielt diese Figur sinnlich, anschmiegsam, ganz in Schwarz und sehr präsent. Neben Hutzel und Wortmann glänzen auch Robin Weigel als Hitler-Marionette, Robert Brandt als Wehner, Gastschauspieler Timo Tank als Guillaume und Wahlkämpfer Günter Grass, Peter Grünig als Genscher und vor allem Susanne Höhne als Rut Brandt, changierend zwischen Gefährtin, Betrogener und familiärem Haltegriff. [...] Wallners Inszenierung [...] fordert auf zu kritischer Auseinandersetzung. Das ist neben Kunstfertigkeit und Unterhaltungswert ein drittes großes Verdienst.«

(Lübecker Nachrichten)

 

 

 

»Wo Worte allein langweilen könnten, setzt Autor und Regisseur Michael Wallner auf teils kuriose Musik- und Showeinlagen. ›Willy Brandt - Die ersten 100 Jahre‹ verfügt dennoch über genug Ernsthaftigkeit und traf beim Premierenpublikum der Uraufführung in Lübecks Großem Haus den richtigen Nerv. [...] eine enorme Fülle von Personen, Schauplätzen und Ereignissen, bringt das Stück in knapp drei Stunden auf die Bühne, ohne überfrachtete zu wirken. Dass dies gelingt, setzt Vorkenntnisse bei den Zuschauern ebenso voraus wie Schauspieler, die auch den ständigen Rollenwechsel zwischen bis zu sechs Figuren tadellos meistern: außerdem ein flexibel mit Lichtprojektionen arbeitendes Bühnenbild (Heinz Hauser) und Kostüme (Tanja Liebermann), die die real existierenden Personen und ihre Zeit kenntlich machen. Eines geschickten Kunstgriffs bedient sich Wallner bei den besonders ereignisreichen Jahren der Kanzlerschaft: In einer 20-minütigen Mini-Oper werden sie schlagartig abgehandelt [...]. [...] Andreas Hutzel als Willy Brandt, [schafft] es sogar singend noch [...], die knarzige Stimme des Ausnahmepolitikers nahezu perfekt zu imitieren. Auch die langsame Sprechweise, das kantig vorgeschobene Kinn, den oft steinernen Gesichtsausdruck bekommt Hutzel großartig hin - das Theater Lübeck darf sich einmal mehr glücklich schätzen, ihn an Bord zu haben. [...] Mit ›Willy Brandt - Die ersten 100 Jahre‹ ist dem Theater ein Abend gelungen, der zwischen Würdigung, Unterhaltung und politischer Bildung die richtige Balance hält.«

(Kieler Nachrichten)

 

 

 

»Andreas Hutzel, der die Titelrolle mit Leib und Seele und Brandt-typischer Stimme ausstattet (und am Ende begeisterten Applaus einfährt). Da bleibt die Würde selbst bei Wein, Weib und Gesang. [...] Musik und eine Kunstfigur sind Säulen, auf die Wallner sein Schauspiel stellt. Die Musik stammt von Willy Daum, der, fünf weitere Musiker zur Seite, den Abend musikalisch leitet. Die Zeit der Kanzlerschaft hat er zu einer 18-Minuten-Oper durchkomponiert. [...] Die Kunstfigur ist der melancholischen Seite Willy Brandts entsprungen: die ›Dunkelheit‹, grandios gespielt und gesungen von Sara Wortmann.«

(shz)

 

 

 

»Das Leben des Herbert Karl Frahm, Kampfname Willy Brandt, ist ein ganzes Geschichts- oder Geschichtenbuch. Episoden daraus sind in glänzender Verpackung am Theater Lübeck zu erleben. ›Willy Brandt, die ersten 100 Jahre‹ heißt das neue Stück. Bei der Uraufführung am Freitagabend gab es lang anhaltenden Applaus. [...] Aus Biographien, Büchern der Kinder, Aussagen von Weggefährten, Zeitungsarchiven hat Wallner eine Spielvorlage erstellt, die gewichtet, verschiedene Handlungsebenen ineinander schiebt, die Zeit mal vor-, dann wieder zurück dreht. Unterschiedlich sind auch die Mittel der Umsetzung auf der Bühne des Großen Hauses: mal Schauspielszene, dann Singspiel, mal Revue, dann Kabarett; [...].Sie rüttelt den Politiker Willy Brandt immer wieder auf, treibt ihn vorwärts. Sara Wortmann macht das in Spiel und Gesang hervorragend. Wenn die Männer seiner Umgebung - Dietrich Genscher, Egon Bahr, Herbert Wehner, Horst Ehmke - in der Maske erkennbar auftreten, geht nicht selten ein Raunen durchs Publikum. [...]. Andreas Hutzel in der Titelpartie hat sich den Sprachduktus Brandts angeeignet. [...]. Hutzel macht vor allem die Selbstzweifel, die Verzweiflung an der Menschheit deutlich. Susanne Höhne als Rut Brandt hat sogar ein Stück norwegischen Akzents drauf. [...] Die übrigen Schauspieler - Julius Robin Weigel, Sven Simon, Ingrid Noemi Stein, Timo Tank, Peter Grünig - haben gleich mehrere Umzüge zu absolvieren, um die politische Szene der frühen siebziger Jahre nachzuzeichnen. Musikchef Willy Daum kann nicht nur auf seine Instrumentalisten zurückgreifen, sondern auf den Opernchor und die singenden Schauspieler. [...] Langweilig wird es nie, und Stoff für lange Gespräche gibt es allemal.«

(HL-live)

 

 

 

»Das Raue, doch eigentlich wenig Norddeutsche, das auf den Stimmbändern rasselt, die Sätze, die geboren zu werden scheinen. Andreas Hutzel beherrscht sie. Und mehr: Er interpretiert und erliegt niemals der Versuchung, nachzuahmen. [...] Und da zeigt sich, wie stilsicher sich auch Wallner durch 100 Jahre gearbeitet hat. [...] Es ist ein spannendes Spiel. Wallner setzt auf niveauvolle Unterhaltung, und dazu gehört auch Heiterkeit beim Anblick eines gelben Pullunders und eines sächselnden Ziegenbartes. [...] Und so erlebt das Publikum zweieinhalb Stunden, die wie im Fluge vergehen. [...] Wallner jedoch sieht Brandts Sehnsucht nach den ›weiten seelischen Räume des Nordens‹ in Lübeck verwurzelt, sieht hanseatische Werte als Fundament seines Handelns und Strebens. Ein interessanter Blick. Schmeichelhaft für Lübeck ist er allemal, [...]. Musikalisch ist das Lübecker Schauspiel-Ensemble sowieso; in diesem Spiel werden sie nun unterstützt vom Opernchor - ein Sparten-Crossover, das Lust auf viel mehr macht. Die 18-Minuten-Oper, die Daum auf die Jahre der Kanzlerschaft komponiert hat, sind das Herzstück des Abends.«

(Stormarner Tageblatt)

 

 

 

»Da stimmen das Timing der menschlichen Auseinandersetzung, die charakterprägende Divergenz von Nähe und Distanz [...]. Auch nach der Pause hat die Opern-Politparaphrase, welche entscheidende Stationen des Staatsmanns bündelt, mitreißende Aussagekraft: Willy Daum als Komponist und spiritus rector der sechsköpfigen, multiinstrumentalen »Lobbyisten« zeigt erneut sein Gespür für eingängig Vokales und szenischen Sound. [...] Wallners Stück [ist] eine attraktive Ansichtssache über einen großen Mann. Andreas Hutzel liefert sich dem Wesen Willy Brandts aus in erstaunlich identischem Sprachduktus und Blick - er fügt seinen Charakterstudien eine eindrucksvolle neue hinzu. Die hochtourige Maskenbildnerei (Susan Kutzner) schafft Nähe zu historischen Personen, ohne der Gefahr der Karikatur zu erliegen. Zudem vermeidet Wallner, als Dramatiker wie als Regisseur, bei aller Detailnähe peinliche Klischees. Stilsicher entwarf Tanja Liebermann die Kostüme, mit wenig Aufwand gestaltete Heinz Hauser die Bühne als Projektionsfläche für Atmosphärisches [...] und für Konkretes. Hier sind besonders dicht die Szenen von Brandt und Guillaume: Timo Tank gibt den Spion als nett-diffusen Menschen (und hat als Günter Grass einen aufrüttelnden Auftritt). [...] Ihre Wandlungsfähigkeit zeigen Ingrid Noemi Stein in fünf Frauentypen und das neue Ensemblemitglied Julius Robin Weigel - zumal als Brandts Sohn und Hitler-Marionette. Großen Anteil am Geschehen hat der von Wallner integrierte und von Joseph Feigl einstudierte Opernchor, aus dem einige Sänger sogar solistisch hervortreten (Imke Looft etwa glänzt als Siegesgöttin und Tomasz Mysliwiec als Kennedy). [...] Dass Wallner das mit Möglichkeiten des Theaters, mit literarischen Feinheiten, Phantasie und sorgsamer Personenführung zu einem Gutteil gelungen ist, bewies der starke Beifall des Premierenpublikums.«

(Lübecker Stadtzeitung)